Die Sklerose, im medizinischen Bereich auch als Multiple Sklerose oder Encephalomyelitis disseminata bekannt, stellt eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems dar, die Gehirn und Rückenmark beeinträchtigt. Entzündungen an den Markscheiden der Nervenfasern im zentralen Nervensystem lösen die multiple Sklerose aus. Trotz jahrelanger, intensiver Forschung ist die Ursache für die Entstehung der Sklerose noch nicht endgültig geklärt. Neben der Epilepsie ist die Multiple Sklerose eine der am häufigsten auftretenden neurologischen Erkrankungen im jungen Erwachsenenalter und ist daher sozialmedizinisch enorm bedeutsam. Bei der multiplen Sklerose, noch Polysklerose genannt, zerstören die vielfachen, in Gehirn und Rückenmark zerstreuten Entzündungen, die Markscheiden der Nervenfasern. Die entzündlichen Entmarkungsherde im zentralen Nervensystem sind auf körpereigene Abwehrzellen zurückzuführen, die körpereigenes Gewebe angreifen, anstatt wie üblich fremde Erreger oder Stoffe zu befallen. Da bei der multiplen Sklerose die Myelinscheiden der Nervenzellfortsätze von körpereigenen Abwehrzellen geschädigt werden, bezeichnet man die Sklerose als eine Autoimmunerkrankung. Die typischen verstreuten entzündlichen Entmarkungsherde können bei der Entwicklung der multiplen Sklerose überall im zentralen Nervensystem auftreten. Aus diesem Grund könnte fast jedes neurologisches Erkrankungsmerkmal auf diese chronisch-entzündliche Krankheit zurückgeführt werden. Die häufigsten Anzeichen der Sklerose sind unterschiedliche Beeinträchtigungen des Sehvermögens. Die Sehstörungen sind zwar typisch für die Sklerose, stellen jedoch keine spezifischen Symptome dar. Anhand einer EDSS-Skala wird der Behinderungsgrad des Patienten individuell festgestellt.
Epidemiologie und Häufigkeit
Inhaltsverzeichnis zum Thema Sklerose
Als zweithäufigste neurologische Erkrankung weltweit ist die Sklerose nicht heilbar, kann in ihrem Verlauf jedoch in den meisten Fällen günstig beeinflusst werden. Die Sklerose verursacht nicht zwangsläufig schwere Beschwerden und Behinderungen. Die Mehrzahl der Erkrankten ist auch nach jahrelangem Vorhandensein der multiplen Sklerose immer noch nicht gehbehindert. Als chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems betrifft die Sklerose Frauen mit fast doppelter Häufigkeit als Männer. Die Formen der Sklerose, die mit Schüben verlaufen, sind bei Frauen doppelt bis dreimal öfter anzutreffen als bei Männern. Etwa 120 000 Menschen sind in Deutschland an Sklerose erkrankt. In Mitteleuropa finden sich zwischen 30 und 60 Patienten mit multipler Sklerose pro 100 000 Einwohner. Die Sklerose ist mit größter Häufigkeit unter den 20- bis 40-Jährigen vertreten. Zunehmend tritt die Erkrankung jedoch auch bei Kindern und Jugendlichen auf. Bei Kindern unter 10 Jahren sowie bei Erwachsenen über 60 tritt ein erster Schub der multiplen Sklerose äußert selten auf.
Symptome
Die ersten Symptome der multiplen Sklerose machen sich meistens zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr in der Form eines Schubes bemerkbar. Bei der Sklerose wird das Auftreten neuer oder das Wiederaufflammen bereits festgestellter klinischer Symptome als Schub definiert, wobei die Symptome bei einem Schub länger als 24 Stunden präsent sind und auf eine entzündlich-entmarkende Schädigung des zentralen Nervensystems zurückgeführt werden können. In der Regel treten neue Symptome subakut, innerhalb von mehreren Stunden oder Tagen auf. Am Anfang der Erkrankung bilden sich die Schübe meist völlig zurück. Im späteren Krankheitsverlauf klingen die Symptome nicht so schnell ab und führen oft zu neurologischen Defiziten. Zu den häufigsten Symptomen zu Beginn der Sklerose gehören Störungen des Sehvermögens und der Sensorik. Die Sklerose macht sich jedoch durch eine Vielzahl an Symptomen bemerkbar. Da die Erkrankung mit Entzündungen in Gehirn und Rückenmark einhergeht, verursacht die multiple Sklerose eine Zerstörung der Markscheiden und der Bestandteile der Nervenfasern. Nervenfasern dienen der Weiterleitung von Reizen und Befehlen von den Gehirnzellen an verschiedene Körperregionen und umgekehrt. Der Markscheiden wird von der Sklerose befallen - der Markscheiden stellt die Hülle der Nervenfasern dar, welche die Erregungen anhand von speziellen Einschnürungen weiterleitet. Die multiple Sklerose führt in ihrem Anfangsstadium zu Entzündung der Markscheiden und im späteren Verlauf - zu deren Zerfall. Nach dem Zerfallen von Markscheiden werden diese von Narbengewebe mit krankhafter Verhärtung (Sklerosierung) ersetzt und können Reize und Empfindungen nicht mehr weiterleiten. Da die betroffenen Stellen an den Markscheiden verschiedene Größe und Position im Nervensystem aufweisen und wahllos verstreut sind, können die Störungen bei einer multiplen Sklerose die unterschiedlichsten Körperteile und Organe betreffen. Besonders häufig sind jedoch die Markscheiden der Sehnerven, der Hinterstränge im Rückenmark, des Hirnstammes und des Kleinhirns betroffen.
Die Lokalisation der Entzündungen an den Markscheiden bestimmt auch die Art der auftretenden Symptome. Wenn die Entzündungsherde beim Sehnerv lokalisiert sind, verursachen sie Störungen der Sehschärfe, milchige Schleier und oft auch Schmerzen im Augenbereich. Symptome wie Taubheitsgefühle, Parästhesien oder Muskelschmerzen treten auf, wenn die Markscheiden im Bereich sensibler Bahnsysteme betroffen sind. Solche Sensibilitätsstörungen beeinträchtigen oft die Gliedmaßen (Hände, Füße, Beine und Unterschenkel). Schmerzen treten infolge von Muskelkrämpfen, einer Trigeminusneuralgie oder aufgrund des Lhermitte-Symptoms auf, das ein Hinweis auf Entzündungen im Halsteil des Rückenmarks darstellt. Spastische Erhöhung des Muskeltonus und Lähmungen sind Zeichen für Entzündungen im Bereich des motorischen Systems. Diese verursachen neben Paresen der Extremitäten und spastischer Tonuserhöhung auch Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit. Wenn die Sklerose in Hirnstamm und Kleinhirn lokalisiert ist, treten oft Störungen der Augenbewegungen, Störungen der Bewegungskoordination, Schluckstörungen, Schwindel sowie Sprechstörungen auf.
Entmarkungsherde im Bereich des oberen Kleinhirnstiels führen zum Auftreten von einem Symptomenkomplex, der als Charcot-Trias bekannt ist und mit abgehackter Sprache, Intentionstremor und Nystagmus einhergeht. Marburg-Trias dagegen steht bei der Sklerose für Fehlen der Bauchhautreflexe, temporale Abblassung der Sehnervenpapillen und Vorhandensein einer Paraspastik. Die multiple Sklerose kann zudem die Kontrolle der Blasen- und Darmfunktion beeinträchtigen oder zu sexuellen Störungen führen, wenn die Entzündung vegetative Zentren und Bahnen betrifft. Oft ist bei Sklerose-Patienten gesteigerte körperliche und psychische Ermüdbarkeit festzustellen, die im Laufe des Tages zunimmt und unabhängig von körperlicher und psychischer Belastung einhergeht. Kognitive und psychische Beeinträchtigungen gehören ebenfalls zu den Symptomen der Sklerose und können sich im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung sogar zu einer subkortikalen Demenz entwickeln. Zu den frühen Beschwerden bei der Sklerose gehören am häufigsten Sensibilitätsstörungen, Beeinträchtigungen des Sehvermögens und Lähmungen der Muskulatur. Die Empfindungsstörungen gehen meistens mit Taubheitsgefühl oder Kribbeln an Armen und Beinen, Spannungsgefühlen in den Gelenkbereichen und in der Hüfte, Schmerzen und verminderter Empfindlichkeit einher.
Als häufigste Anzeichen der Sklerose zeichnen sich die Sehstörungen vor allem durch Augenschmerzen, schleierhaftes und benebeltes Sehen, Doppeltsehen, Beeinträchtigung des Farbensehens sowie durch Ausfällen des Gesichtsfelds aus. Bei der multiplen Sklerose sind die Muskeln zudem kraftlos, steif und spastisch. Ermüdungserscheinungen treten häufig auf. Im gesamten Krankheitsverlauf der Sklerose beeinträchtigen Symptome wie Blasenfunktionsstörungen, Fatigue sowie motorische Störungen wie Lähmungen und spastische Tonuserhöhungen, das Leben der Patienten am meisten.