Ein Leistenbruch (Hernia inguinalis, Inguinalhernie, Leistenhernie) ist ein Eingeweidebruch in der Bauchwand der Leistenregion. Etwa 10 bis 20 % der Leistenbrüche betreffen Frauen, 80 bis 90 % entfallen auf Männer. Das für einen Leistenbruch typische Symptom ist eine gut erkennbare und zu ertastende Schwellung („Bruchgeschwulst). Die Austrittsstelle des Bruchsackes wird als „Bruchpforte bezeichnet, durch die regelmäßig auch eine Schlinge des Dünndarms austritt, die nur noch vom Bauchfell (Peritoneum) zurückgehalten wird. Durch den Eingeweidedruck dehnt sich das Peritoneum allmählich aus und formt sich zu einem Sack. Ähnliche Symptome können auch unterhalb der Leistenregion („Schenkelbruch) oder am Nabel (Nabelbruch) auftreten. Auch ohne Belastung tritt häufig ein schwach ziehender Schmerz in der Bauch- oder Leistengegend auf. Die Schmerzsymptome können bei Frauen bis zu den Schamlippen und bei Männern bis zu den Hoden reichen. Bei verstärktem Bauchraumdruck (beispielsweise beim Niesen, Husten, Schreien, Pressen, beim Stuhlgang oder bei körperlicher Anstrengung) steigt der Schmerz signifikant an. Sonstige Leistungseinschränkungen ergeben sich bei einem Leistenbruch in der Regel nicht. Sehr oft treten sogar keinerlei Beschwerden auf. Zuweilen ist nur ein Druckgefühl in der Leistengegend zu spüren. Bei Männern kann sich ein kontinuierlich vergrößernder Leistenbruch auch in einer Hodensack-Vergrößerung äußern (Hodenbruch). Es werden angeborene (Hernia congenita) und sog. erworbene Leistenhernien (Hernia acquisita) unterschieden. Leistenbrüche im Kindesalter sind zumeist angeboren und häufig genetisch bedingt. Diese Leistenhernien beruhen auf der nicht vollständigen Schließung von Ausstülpungen während der kindlichen Entwicklung. Etwa ein Fünftel aller Frühgeburten und insgesamt zwischen einem und vier Prozent aller Kinder sind von einem angeborenen Leistenbruch betroffen. Leistenbrüche können sich bei Mädchen bis zu den Schamlippen ausdehnen (Vaginalhernie). Bei Jungen verläuft ein Leistenbruch bis zum Hodensack (Skrotalhernie). Eine Symptomatik, bei der nicht eine Darmschlinge, sondern Bauchraumflüssigkeit in die Hoden gelangt, wird als Hodenwasserbruch bezeichnet (Hydrozele). Eine Hydrozele bildet sich gewöhnlich ohne operativen Eingriff zurück. Bei Kindern fallen die meistens schmerzfreien Leistenschwellungen bei der täglichen Körperpflege oder beim Wickeln auf. Über alle Altersklassen hinweg beruhen ungefähr 70 % der Leistenhernien auf seit der Geburt bestehenden Öffnungen zwischen Bauchraum und Leistenkanal. Erworbene Leistenbrüche, von denen eher Menschen in einem mittleren oder höheren Alter betroffen werden, basieren oft auf einer andauernden Druckerhöhung z. B. bei chronisch verlaufendem Husten oder bei bestimmten schweren, jahrelang ausgeübten körperlichen Tätigkeiten und/oder bei einer Schwäche der Bauchdecke. Bei Frauen können Leistenhernien auch schwangerschaftsbedingt oder nach einer Kaiserschnitt-Geburt auftreten. Werden genetisch bedingte Schwachstellen in der Bauchdecke von einem Tumor befallen, kann ebenfalls ein Leistenbruch auftreten.
Verlaufsformen und Komplikationen
Inhaltsverzeichnis zum Thema Leistenbruch
Gravierende Symptome entwickeln sich erst bei Einklemmung von nach außen getretenen Eingeweideteilen. Zu den dann heftigen Schmerzen, die insbesondere während des Gehens nicht nur den Bruchbereich, sondern den gesamten Bauchraum und die Hüfte betreffen können, kommen Übelkeit und Erbrechen hinzu. Besonders ein sich während starker Schmerzen verhärtet anfühlender Bauch ist ein kritisches Symptom. Erfolgt dann keine Operation, können sich möglicherweise Bauchorgane entzünden oder absterben. In den meisten Leistenbruchfällen liegt eine sog. reponible Leistenhernie vor, bei der sich die aus dem Bauchraum ausgetretenen Gewebeteile manuell wieder an ihren ursprünglichen Ort zurückschieben lassen. Bei reponiblen Leistenbrüchen ist nicht unmittelbar eine Operation erforderlich, erscheint aber dennoch ratsam, um Ausweitungen der Leistenhernie und der Gefahr bedrohlicher Organeinklemmungen vorzubeugen. Allgemein wird von Leistenoperationen nur bei Patienten mit außergewöhnlich erhöhtem Operationsrisiko abgesehen, zu denen Menschen mit Diabetes mellitus gehören. Über- oder Unterfunktionen der Schilddrüse sollten vor einer Leistenoperation durch hormonelle Behandlung beseitigt werden. Leistenbrüche tendieren im Laufe der Zeit zu einer stetigen Vergrößerung. Da Bruchpforten nicht von allein wieder zuwachsen, können sie nur mit einer Operation geschlossen werden. Während des ersten Lebensjahres auftretende Leistenbrüche sollten unbedingt operativ behandelt werden, da während dieses Alters die Gefahr der Einklemmung von Organen bei einem Leistenbruch besonders groß ist. Lässt sich das Eingeweide durch den Arzt hingegen nicht zurückschieben (irreponible Leistenhernie), muss der Leistenbruch sofort operiert werden, da die Gefahr von Verwachsungen und der Einklemmung von Organen (Inkarzeration) besteht. Bei eingeklemmten Organen (oft Schlingen des Dünndarms) ist eine Operation innerhalb weniger Stunden notwendig, da sonst wegen der abgeschnürten Blutzufuhr bleibende Schädigungen bis hin zum Absterben des Organs (Nekrose) drohen. Außerdem kann bei irreponibler Leistenhernie ein Darmverschluss (Ileus) entstehen, bei dem die Durchgängigkeit des Darmtraktes nicht mehr gewährleistet ist. Sowohl Ileus als auch Nekrose sind lebensbedrohliche Erkrankungszustände, denen mit einer Operation begegnet werden muss. Gegebenenfalls müssen Darmteile operativ entfernt werden (Resektion). Das sich verschlechternde Allgemeinbefinden bei einem schweren Leistenbruch führt zu einem sog. „akuten Abdomen, das als lebensgefährliche Baucherkrankung eine Notfalloperation erforderlich macht.
Verfahren zur Erkennung von Leistenbrüchen
Kleinere Leistenbrüche, die sich noch nicht durch größere Ausstülpungen bemerkbar machen, können durch Sonografie (Ultraschalluntersuchung) erkannt werden. Auch durch Pressen oder Husten lässt sich eine stärkere Ausbildung eines Bruchsackes erreichen, um die Krankheitssymptome besser aufklären zu können. Zudem fallen bei Patienten mit einer muskulösen Bauchdecke Leistenhernien nicht unmittelbar auf, so dass in diesen Fallgruppen eine Sonografie besonders zweckmäßig erscheint. Auch bei Patienten mit starkem Übergewicht können Leistenhernien häufig durch bloßes Ertasten (Palpation) schwer festgestellt werden. Der Inhalt einer Ausstülpung lässt sich mit einer Lampe durchleuchten und mittels Stethoskop auf Darmgeräusche abhorchen, um so zu ermitteln, ob bereits in Stück des Darms ausgetreten ist. Nur in komplexeren Fällen ist eine Röntgenuntersuchung zur weiteren Symptomaufklärung geboten. Schmerzen im Leistenbereich müssen aber nicht zwangsläufig auf einem Leistenbruch beruhen. Eine Leistenzerrung, bei der die Oberschenkelmuskulatur überdehnt wurde, verursacht zuweilen ganz ähnliche Schmerzen wie ein Leistenbruch. Die Beschwerden können auch auf Reizungen von Sehnen oder Bändern beruhen, die oft durch Fehlhaltungen und Überlastungen verursacht werden. Insbesondere entzündete Sehnenansätze (Enthesitis) lösen ebenso Leistenschmerzen aus wie in die Leistengegend ausstrahlende Schmerzen aufgrund von Hüftgelenks- und Wirbelsäulen-Veränderungen. Bei Männern können in der Leistenregion auftretende Schmerzen auch auf eine Erkrankung von Hoden, Nebenhoden oder Samenleiter hinweisen.